Rückblick
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Foto: Hubert Lankes
Die Welt wird täglich ungerechter, das Geflecht aus politischen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten immer dichter: Vor diesem Hintergrund lässt Hagen Rether Strippenzieher, Strohmänner und Sündenböcke aufziehen. Den so genannten gesellschaftlichen Konsens stellt er vom Kopf auf die Füße und die Systemfragen gleich im Paket: Von der Religions„freiheit“ über das Wirtschaftswachstum bis zur staatlichen „Lizenz zum Töten“ kommt alles auf den Tisch. Doch die Verantwortung tragen nicht „die Mächtigen“ allein – wir, ihre mehr oder weniger willigen Kollaborateure, müssen uns wohl am eigenen Schopf aus unserer Komfortzone ziehen, um nicht in den Abgrund zu stürzen, den wir gemeinsam geschaufelt haben.
Der wahrhaft unbequeme Kabarettist entlarvt so manchen Volkszorn samt seiner auf „Die da oben“ zielenden Empörungsrhetorik als Untertanentum – den Unwillen, unsere eigenen, fatalen Gewohnheiten zu überwinden. Kabarett verändert nichts? Rethers ebenso komisches wie schmerzhaftes, bis zu dreieinhalbstündiges Programm infiziert das Publikum mit gleich zwei gefährlichen Viren: der Unzufriedenheit mit einfachen Erklärungen und der Erkenntnis, dass wir alle die Kraft zur Veränderung haben.
LIEBE, so der seit Jahren konstante Titel des ständig mutierenden Programms, kommt darin nicht vor, zumindest nicht in Form von Herzen, die zueinander finden – und romantisch kommt allenfalls einmal die Musik des vielseitigen Pianisten daher. Was aber in seinem fulminanten Plädoyer für das Mitgefühl sichtbar wird, ist die Menschenliebe eines Kabarettisten, der an Aufklärung und an die Möglichkeit zur Umkehr noch am Abgrund glaubt.
Pressestimmen:
Hagen Rether verkörpert etwas, das selten ist: Eine Haltung. Er weicht nie aus, sondern bezieht Stellung, auch wenn die unbequem ist. Gegen Mitternacht gab es dafür Standing Ovations.
(Abendzeitung, Tina Schlegel)
Wo Finck immerzu unter dem Zwang stand, die Wahrheit auf offener Bühne umzumünzen und umzucodieren in etwas Falsches und Uneigentliches, da decodiert und enthüllt Rether drei Stunden lang im Zustand des beschwingten Ekels das Falsche und Fiese unserer Welt. Er ist der Asket und der Messias unter den Kabarettisten. (DIE ZEIT, Peter Kümmel)
Sprachlich so geschliffen und knallhart wie kein anderer wehrt sich da ein von der Welt enttäuschter Intellektueller, betreibt eine verletzte Seele Aufklärung in ihrer furiosesten Form, mit allem, was das Arsenal an Ironie, Sarkasmus und Zynismus hergibt. Nach wie vor einzigartig.
(Süddeutsche Zeitung, Oliver Hochkeppel)
Das Programm heißt übrigens LIEBE. Es ist eine Sternstunde des Kabaretts.
(Frankfurter Rundschau, Daniel Bartetzko)
Keine Frage, mit Rethers kurzweilig-intelligenter, oft hochpolitischer Pianoplauderei ist das deutsche Musikkabarett endlich im 21. Jahrhundert angekommen. (FAZ, Michael Köhler)
... ist Aufklärer und möchte im Lichte Kants und Lessings Erhellendes sagen - gegen Heuchelei, Angstmacherei, Ungerechtigkeit und Verdummung. Das sollte gutes Kabarett leisten, auch wenn es Gefühle verletzt. Vielleicht muss gutes Kabarett heutzutage auch Gefühle verletzen, um den Panzer aus Stumpfsinn zu durchschlagen, der sich über die Welt zu legen droht.
(Mannheimer Morgen, Jörg-Peter Klotz)
Drei Stunden lang nimmt er planvoll und ohne Hast, voller Sarkasmus, Ironie und Angriffslust das Weltgetriebe auseinander - die personifizierte Rache des ewig auf Abstand gehaltenen Intellektuellen an den "Machern" dieser Welt. Die uralte kritische Botschaft, die Verlogenheit der Konsumgesellschaft und des Establishments zu geißeln, erfüllt er subversiv, nonchalant und hundsgemein. (Süddeutsche Zeitung)
Rether ist zynisch, respektlos, politisch absolut unkorrekt und - fabelhaft!
(Hamburger Abendblatt)
Ein paar Fotos (von Uli Leinfelder):
Der Bericht von Gerhard Summer in der Süddeutschen Zeitung, Starnberger Ausgabe vom 11.04.2017 (S. 8) s. hier und hier.